Mittwoch, 13. Mai 2015

Über die Schwierigkeit eine Grenze zu ziehen {#BloggerDenkenNach}



Unter #BloggerDenkenNach werden auf Average Pony monatlich neue Themen der Aspekte "nachhaltig, fair und ökologisch" zur Diskussion gestellt. Anfang Mai wurde das spannende und aktuelle Thema

"Von Aal bis Zebra - Wen esse ich, wen nicht?"


ausgewählt, für das ich zum ersten Mal posten möchte. Eine einfache Antwort wäre für mich natürlich: Keinem einzigen Lebewesen sollte für unseren Genuss Leid zugefügt werden - denn sie sind alle gleich viel Wert. Man merkt: Ich lebe vegan. Meine persönlichen Gründe für diese Entscheidung, findet ihr unter "Warum vegan". Die Antwort auf diese Frage ist für mich jedoch eine andere, denn ich interpretiere das Thema etwas offener: Wo liegt bei mir eine Grenze beim Konsum tierischer Produkte? Oder: Wie weit gehe ich mit meiner Einstellung, keine tierischen Produkte zu konsumieren? Und wie weit gehe ich damit anderen Menschen auf den Wecker?

Schön wäre es ja, wenn kein Tier leiden müsste. Um das von heute auf morgen zu erreichen, bestünde jedoch nur die Möglichkeit, alle Menschen sofort zu Veganern zu erklären. Schade nur: In einer aufgeklärten, freien Welt darf keine Lebensweise und Glaubensrichtung von einer zentralen Macht vorgegeben werden. Ich bin schließlich FÜR die Demokratie. Ich befinde mich also in einem Schlamassel, denn ich muss offensichtlich in einem Wirtschaftssystem leben, das für mich falsch und für die Tiere brutal und würdelos ist. Aber zumindest demokratisch. Ich bemühe mich, das zu tolerieren und mich damit zufrieden zu geben, dass gerade ein kleines Umdenken in der Bevölkerung stattfindet. Und doch fällt es mir schwer, freundlich zu nicken, wenn mein Gegenüber mit dem Mund voller Salami stolz verkündet, dass er nur "Gutes" Fleisch kauft und sowieso nur sehr selten.

Das ist doch keine Grenze, das ist Selbstbetrug?


"Ich würde auch gerne vegan leben - aber auf Käse könnte ich niemals verzichten!". Was soll ich dazu noch sagen? Dass jeder einzelne Mensch definitiv in der Lage wäre, auf Molkereiprodukte zu verzichten? Und es obendrein auch noch sehr gesund sein KANN (Achtung: Hier ist jeder Mensch eigenverantwortlich in der Pflicht).

Wer gibt mir schon das Recht, so zu urteilen. Schließlich bin ich nicht allwissend und außerdem habe ich gestern erst ein Gericht gegessen, von dem ich im Nachhinein erfuhr, dass ein Löffel Honig untergerührt wurde. BÄM: Der Titel für den "schlechtesten Veganer des Monats" geht an grünartig! Aber keine Sorge: Dafür habe ich dann gleich ein HEIDENgeld auf dem ökologischen Wochenmarkt für regionalen Spargel ausgegeben. Hat ein bisschen was von Ablasszahlung zum Erlass meiner Sünden, oder?



Fakt ist, dass die Formel: "Je konsequenter der Verzicht, desto besser der Mensch" nicht aufgeht. Es ist doch schließlich so: Rutsche ich mit einem ablehnenden, überheblichen Auftreten in das soziale Aus, kann ich niemanden zum Nachdenken inspirieren, sondern schrecke nur ab. Dann sind wir Veganer im besten Fall Spaßbremsen, im schlechtesten schon Extremisten. Aber wenn ich wirklich an den "Veganismus" glaube, dann habe ich doch die Aufgabe, Menschen durch gute Argumente langfristig zu überzeugen. Da hilft es nichts, wenn der Lebensstil als Modetrend gehypt wird und in zwei Jahren seinen Reiz verliert.

Der Veganismus entsteht aus sich selbst und ist darauf angewiesen, dass er sich ausbreitet. 


Denn nur das bringt die Industrie zum Umdenken, die Tierhaltungbedingungen zu verbessern und Massentierhaltung komplett abzuschaffen. Als kleine pseudoelitäre Randgruppe hilft das Prinzip niemandem. Dazu gehört dann auch, oppositionelle Nichtveganer von der Überzeugung zu begeistern, anstatt sie zu bekämpfen (wie es leider hier geschah). Diplomatie als Lichtschwert-Joker quasi.

Aber wie schafft man das? Vielleicht sind das gerade die oben genannten "Grenzen"? Kleine Erfolge feiern, auch wenn sie nicht konsequent sind. Schritt für Schritt vorangehen und niemanden für die eigene Einstellung verurteilen. Aufklären ohne erhobenen Zeigefinger und Hilfe leisten, wenn sie gebraucht wird.

Mein Fazit


Anstatt sich auf ein Schwarz-Weiß Denken zu versteifen (Darf ich jetzt diesen Essig über mein Salat geben oder muss ich dafür eine halbe Stunde hungrig die Herkunft im Internet recherchieren?), sollte man pragmatisch bleiben. Nachdenken hilft immer, gutes Tun sowieso und Spaß am Leben sollten wir uns bewahren. Nur so verbreitet man seine Ideale positiv und kann ein Vorbild für andere Menschen sein.

Ich also freue mich ab sofort, wenn mir Freunde von ihren Versuchen berichten, eine Woche ohne Fleisch zu leben. Wir alle fangen klein an, wir alle scheitern mal. Wer ist schon perfekt?

Menschen mit ihrem angeborenen Egoismus sicher nicht - wenn überhaupt, dann sind es die Tiere.


4 Kommentare:

  1. Hallo, freut mich, dass du bei der Aktion mitmachst! :)
    ...Dein Link ist jetzt auch eingebaut.

    Ich muss ja leider gestehen, dass ich zu diesen "Waas? Nie mehr Käse? Ohne mich!"-Menschen gehöre. Dafür dann aber wiederum auch zu denen, die trotz aller Liebe zu Gouda & Freunden auch immer mal wieder drauf verzichten und sich dann riesig drüber freuen, tatsächlich mal eine vegane Mahlzeit hingekriegt zu haben. Das fällt zwar in die Kategorie "Besser als nichts", ist aber für meine Lebens- und Essgewohnheiten tatsächlich das vernünftigste. :)

    Ich würde mich sehr freuen, weiterhin von dir zu lesen! :)

    Liebe Grüße
    Maren

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    1. Hallo Maren,

      vielen Dank für deinen Kommentar! Ich finde deine Aktion richtig gut und freue mich, das erste Mal dabei zu sein - mal sehen, wie die nächsten Themen werden. Vielleicht fällt mir dazu auch etwas ein ;)

      Mit dem Käse ging es mir übrigens lange Zeit genau wie dir. Ich finde nur, dass es sich manche Leute leider zu leicht machen, indem sie sagen "ich KANN nicht ohne". Das klingt so, als wenn die Ernährung fremdbestimmt wäre, als wenn man selbst nichts dafür könnte. Du bist da ehrlicher und deine Schritte mit einzelnen veganen Mahlzeiten sind sehr lobenswert :)

      LG
      Jassi

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  2. Ein sehr schöner Beitrag! Ich freue mich immer darüber lesen zu können, wie das andere Menschen sehen bzw. handhaben.

    Ich finde auch, dass man eine gewisse "Bodenhaftung" nicht verlieren sollte. Die Mitmenschen kriegen die persönlichen Veränderungen im Denken weit nicht so schnell mit wie man selbst. Mein Freund isst weiterhin Fleisch (wenn auch WIRKLICH selten) und diskutiert mit mir als Vegetarierin recht häufig über das Thema. Oder besser gesagt, ich mit ihm. Die Kommunikation gegenüber anderen Menschen ist dabei zentral und kann ich solchen Gesprächen auch ganz gut geübt werden. Auf meinem Blog hab ich mich auch damit auseinander gesetzt, warum ich eigentlich kein Fleisch esse.

    LG Daniela

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    1. Oh Danke, Daniela! Ich lese auch immer gerne von den Erfahrungen anderer. Schließlich geht jeder seinen eigenen Weg, hat einen anderen persönlichen Hintergrund usw. Ich diskutiere auch gerne mit Leuten zu dem Thema, wenn es nicht in einer reinen Rechtfertigung von meiner Seite endet. ;)

      Letztens zum Beispiel hatte ich ein wirklich gutes Gespräch mit einer Jägerin - das hat mir wiederum neue Sichtweisen darauf gegeben. Denn wenn ich immer nur mit Leuten darüber spreche, die genauso denken wie ich, hat niemand etwas davon.

      Ich habe mir jetzt gerade auch deinen Beitrag zu der Diskussion durchgelesen: Sehr interessant und gut geschrieben! Bei den Inhaltsstoffen der Ersatzprodukte denke ich genau wie du - die sind zum Gruseln.

      Aber grundsätzlich finde ich die Idee einer vegetarischen Wurst z.B. nicht schlecht. Denn ich entscheide mich ja, auf Fleisch o.ä. zu verzichten, weil ich die Hintergründe kenne. Trotzdem hat mir die echte Grillwurst damals sehr gut geschmeckt und dann freue ich mich doch darüber, dass etwas Ähnliches produziert wird, ohne Tiere dafür leiden zu lassen. Ich finde, dass dadurch der Verzicht etwas erleichtert wird :)

      LG Jassi

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